Entwurf eines Gesetzes, mit dem das Landes-Gleichbehandlungsgesetz und das Gesetz über das Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark geändert wird

Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark begrüßt den Entwurf zur Änderung des Landes-Gleichbehandlungsgesetzes
und erlaubt sich zu einigen Punkten wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Tatbestand der Belästigung in § 32 L-GBG

Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark begrüßt im vorgeschlagenen Entwurf, dass durch die Ergänzungen in § 32 nunmehr auch die Belästigung von Nicht-Bediensteten durch Organe des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände verboten ist.

Zu bedenken ist aus Sicht der Antidiskriminierungsstelle Steiermark jedoch, dass der Schutz vor Belästigung in § 32 durch einen Verweis auf die §§ 10 und 11 verwirklicht ist. Die §§ 10 und 11 definieren Belästigung, geschlechtsbezogene Belästigung und sexuelle Belästigung jedoch vor dem Hintergrund der Annahme, dass jede Belästigung innerhalb eines Dienstverhältnisses geschieht. So definieren § 10 Abs 1 und § 11 Abs 1 eindeutig Bedienstete als Opfer von Belästigungen, § 10 Abs. 2 und § 11 Abs 2 bringen den Tatbestand der Belästigung in unbedingten Zusammenhang zur demütigenden Arbeitsumwelt und § 10 Abs. 3 spricht im Zusammenhang mit der geschlechtsbezogenen Diskriminierung ebenfalls von Dienstgeberin und Dienstgeber, Kolleginnen und Kollegen und Arbeitsumwelt. Dies alles bedeutet, dass die §§ 10 und 11 Belästigung ausschließlich innerhalb eines Dienstverhältnisses verwirklicht sehen, was im Fall einer Belästigung einer Nicht-Bediensteten durch ein Organ des Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes eindeutig nicht der Fall ist. Dies könnte im Fall einer rechtlichen Beurteilung zu Problemen in der Anwendbarkeit des Verweises in § 32 auf die §§ 10 und 11 führen. Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark empfiehlt daher den Tatbestand der Belästigung explizit in § 32 zu nennen und zu definieren.

2. Zur Verwendung des Begriffs „Rasse“ im L-GBG:

In der deutschen Sprache ist der Begriff „Rasse“ ein Begriff, der in erster Linie biologische Bedeutung hat. Vor dem Hintergrund einer rassistischen Verwendung des Begriffs im Zusammenhang mit Menschen und Menschengruppen wird diese biologische Bedeutung mit sozialen und kulturellen Bedeutungsinhalten vermischt. Zumindest seit den UNESCO-Erklärungen zum Begriff „Rasse“ aus den Jahren 1950, 1951, 1964 und 1967 ist offiziell klar, dass es keine wissenschaftliche Basis für die Annahme gibt, Menschengruppen seien als verschiedene Rassen klassifizierbar. Dennoch wird der Begriff „Rasse“ nach wie vor – auch in Rechtstexten – verwendet. Häufig wird dabei angemerkt, dass die Verwendung des Begriffs „Rasse“ nicht bedeute, Theorien zu akzeptieren, die von der Existenz verschiedener menschlicher Rassen ausgehe.1 Eine sachliche Begründung, warum der Begriff dennoch verwendet wird, fehlt. Auch das aktuelle Steiermärkische Landes-Gleichbehandlungsgesetz verwendet den Begriff „Rasse“.2 Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark geht davon aus, dass jede Verwendung des Begriffs „Rasse“ im Zusammenhang mit Menschen Rassismus reproduziert und empfiehlt daher vor dem Hintergrund des Grundsatzes „Sprache schafft Wirklichkeit“ den Begriff „Rasse“ zu streichen und analog zum Gleichbehandlungsgesetz durch den Begriff „ethnische Zugehörigkeit“ zu ersetzen. Nach den diesbezüglichen Kommentaren ist dieser Begriff weit auszulegen und soll Diskriminierungen aufgrund der Hautfarbe, der Sprache und anderer äußerer Merkmale, die Basis für Fremdzuschreibungen sind, umfassen.3 Daher ist der Begriff „ethnische Zugehörigkeit“ durchaus als Synonym des Begriffs „Rasse“ verwendbar.

3. Zum Recht auf Beantragung eines Gutachtens der Gleichbehandlungskommission gem. § 38 L-GBG

Gemäß § 38 Abs. 2 des L-GBG sind folgende Personen und –gruppen berechtigt, einen Antrag auf Erstellung eines Gutachtens durch die Gleichbehandlungskommission zu stellen: jede Bewerberin/ jeder Bewerber um Aufnahme in ein Dienst oder Ausbildungsverhältnis, jede Bedienstete und jeder Bediensteter, die/der eine ihr/ihm zugefügte Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes gemäß §§ 5, 7, 8 und 10 bis 13 oder eine Verletzung des Frauenförderungsgebotes gemäß §§ 14 bis 17 behauptet, und die/der Gleichbehandlungsbeauftragte. Dementsprechend sind zur Antragstellung nicht berechtigt: Nicht-Bedienstete, die behaupten, dass sie gemäß § 32 L-GBG (Gleichbehandlungsgebot) von Organen des Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes unmittelbar oder mittelbar diskriminiert wurden. Ebenso nicht zur Antragstellung berechtigt sind Nicht-Bedienstete, die behaupten, von Bediensteten des Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes, einer Pflichtschule oder einer land- und forstwirtschaftlichen Berufs- und Fachschule belästigt worden zu sein. Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark empfiehlt daher, das Recht, einen Antrag auf ein Gutachten der Gleichbehandlungskommission zu stellen, auf diese Gruppen auszuweiten.

4. Zur Diskriminierung aufgrund eines Naheverhältnisses zu einer Person mit einer Behinderung

Gemäß § 32 Abs. 2 Z 1 L-GBG liegt eine Diskriminierung auch vor, wenn eine Person aufgrund des Naheverhältnisses zu einer Person wegen deren Geschlechts, ethnischer Zugehörigkeit, deren Religion oder Weltanschauung, deren Alters oder deren sexuellen Orientierung belästigt wird. Dabei wurde die Assoziationsdiskriminierung der Behinderung vernachlässigt. Diese ist jedoch im EUGH-Urteil Coleman vom 17.07.2008 – Rs. C. 303/06 vorgesehen und ist im Rahmen der Richtlinie 2000/78 EG dahingehend auszulegen, dass das dort vorgesehene Verbot der unmittelbaren Diskriminierung und das Verbot der Belästigung nicht auf Personen beschränkt ist, die selbst behindert sind. Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark empfiehlt § 32 Abs. 2 Z 1 L-GBG und ebenso § 10 Abs. 5 L-GBG um das Naheverhältnis zu einer Person mit einer Behinderung zu erweitern.

 1 Vgl. u.a. Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, RZ 6: „Die Europäische Union weist Theorien, mit denen versucht wird, die Existenz verschiedener menschlicher Rassen zu belegen, zurück. Die Verwendung des Begriffs ‚Rasse‘ in dieser Richtlinie impliziert nicht die Akzeptanz solcher Theorien.“
2 Vgl. § 1, Abs 2, § 3, Abs 1, Z 2, § 3, Abs. 2, Z. 2, § 47, Abs 2, 3 u. 4 L-GlBG.
3 Vgl. Robert Rebhahn (Hrsg.): Kommentar zum Gleichbehandlungsgesetz. GlBG und GBK-GAW-G. Wien, New York 005, S. 427ff. Rn 5-7.